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Eppstein: Sie haben das „Schrauber-Gen“

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Bevor es auf die Piste ging, versammelten sich die Buggy-Fans noch zum obligatorischen Gruppenfoto.
Bevor es auf die Piste ging, versammelten sich die Buggy-Fans noch zum obligatorischen Gruppenfoto. © PHF

Von überall her kamen Fahrer mit ihren Flitzern zum 9. Buggy-Taunustreffen

Eppstein. Alle verfügen sie über einen Motor, vier Räder, Sitze und ein Lenkrad. Doch an dieser Stelle ist es mit der Gemeinsamkeit auch schon vorbei. Vielmehr gleicht kein Modell dem anderen. Wer jetzt an ein Auto denkt, liegt falsch - denn Türen sucht der Betrachter hier vergebens. Die Rede ist von Buggys, kompakten Flitzern, die sowohl im unwegsamen Gelände als auch auf der Straße gefahren werden können.

Der Individualität sind bei diesem Hobby keine Grenzen gesetzt: So unterscheiden sich die Buggys nicht nur in Form und Größe des Fahrgestells. Manch einer verpasst seinem Boliden auch ein neues Paar Spiegel oder bringt Zusatzleuchten auf dem Dach oder an den Seiten an. Andere verzichten komplett auf eine Windschutzscheibe und lassen sich lieber den Fahrtwind um die Nase wehen. Viele geben ihren Buggys auch Spitznamen wie Idefix, Prinz oder Panther. „Egal ob alt oder neu, jeder Buggy ist ein Unikat“, sagt Philippe Prokasky, selbst begeisterter Fahrer und Organisator des inzwischen 9. Buggy-Taunustreffens. So könne jeder sein Fahrzeug nach eigenen Wünschen optimieren.

In Deutschland wächst die Buggy-Gemeinschaft von Tag zu Tag. Entstanden ist die Gruppe über ein Internet-Forum. Dort tauschen sich inzwischen 6817 Mitglieder über Fragen und Probleme rund um das Thema „Buggys“ aus. Fünf bis sechs Mal im Jahr veranstalten sie deutschlandweite Treffen - von der Nordsee bis ins tiefste Bayern. Den ersten Treff im Taunus gab es 2013. Am Wochenende war es dann wieder so weit: Über 40 Mitglieder waren bei bestem Wetter mit ihren Buggys auf dem Campingplatz „The Eppstein Project“ zusammengekommen.

Fans aus Deutschland und Österreich

Einige hatten zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Hundert Kilometer hinter sich. Etwa 90 Prozent seien „auf eigener Achse“ aus ganz Deutschland angereist, schätzt Prokasky. Den wohl längsten Anfahrtsweg hatte Bertel van Dürr, der extra aus dem Großraum Wien nach Eppstein gekommen war. Buggy fahre er schon seit 2006, erzählt der Österreicher. Früher habe er auch mal Quadfahren ausprobiert, doch das sei seiner Frau zu riskant gewesen. Mit der Buggy-Szene in seinem Heimatland sei das so eine Sache, sagt er. Ein solches Treffen würden sie dort nicht auf die Beine gestellt bekommen. „Das hat sicher etwas mit unserer Mentalität zu tun“, betont van Dürr. Der Österreicher an sich wolle sich dafür „einfach keine Zeit nehmen“ und lieber „seine Ruhe haben“. Van Dürr sei bisher zu fast allen Treffen gekommen, so Organisator Prokasky.

Auch Michael Siegel ist leidenschaftlicher Buggy-Fahrer. Das Faszinierende daran sei neben dem Fahrgefühl auch die Gemeinschaft. „Derjenige, der am Schluss fährt, ist immer am besten dran“, sagt er lachend. Ganz vorne würden die Fahrer von den Leuten unterwegs immer etwas komisch angeschaut. Am Schluss hätten viele dann nur noch ein Grinsen für die Buggy-Kolonne übrig.

Obwohl die Fahrzeuge alle für die Straße zugelassen sind, ruft das doch recht ungewöhnliche Hobby mitunter auch mal die Ordnungshüter auf den Plan. „Kontrolliert wurde ich noch nie“, sagt Siegel. Das sei, ergänzt Prokasky, auch „vom Personal abhängig“. Manche Polizisten seien auch einfach nur interessiert, fügt er hinzu.

Prokasky fährt seit 2011 Buggy. Auf regennasser Fahrbahn sei er mit seinem Gefährt einmal im Straßengraben gelandet. „Auffahrunfalle oder Achsbrüche haben wir bei unseren Touren regelmäßig“, erzählt Siegel. Bei größeren Fahrten seien deshalb immer Ersatzteile an Bord. „Im Zweifel hilft dann nur noch ein guter Abschleppdienst“, sagt er.

Vor allem für die älteren Buggy-Modelle werde es aufgrund verschärfter Import- und Zulassungsbestimmungen immer schwerer, an die passenden Teile zu kommen, berichtet Prokasky. Im Winter, wenn dann die „Garagenzeit“ beginnt, greifen viele Fahrer deshalb selbst zum Werkzeugkasten. „Irgendwas ist immer. Meistens das, worauf man nicht vorbereitet ist“, so Siegel. Ein Schrauber-Gen ist für dieses Hobby also von Vorteil. Laut Prokasky hat sich mit den Jahren auch die Ausstattung der Fahrzeuge gewandelt. Kam früher noch Rollertechnik zum Einsatz, verfügen die Buggys heute über leistungsstarke Motoren. Ab 30 PS gibt es hier nach oben fast kein Limit. Zudem bieten die Buggys nicht mehr nur dem Fahrer, sondern bis zu vier Personen Platz. Heutzutage könne man sich sein Vehikel schon ab Werk individuell zusammenstellen, erklärt Prokasky. „Trotzdem gibt es immer noch genug zum Schrauben“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Während seines Studiums habe er sich für Quads interessiert. Über eine Fachzeitschrift und das Buggy-Forum sei er schließlich auf sein heutiges Hobby aufmerksam geworden, das er mit seiner Frau teilt. Auch die Nachbarschaft sei schon im Buggy-Fieber, sagt Prokasky. Es ist freilich kein günstiges Hobby. Gebrauchte Modelle werden für 2000 bis 3000 Euro gehandelt. Neu kann ein Buggy jedoch schnell bis zu 30 000 Euro kosten. Einsteigern rät Prokasky deshalb, einmal im Buggy-Forum vorbeizuschauen. Unter www.buggy-forum.de können sich Interessierte nicht nur den einen oder anderen Tipp abholen, sondern auch Erfahrungs- und Reiseberichte anderer Mitglieder anschauen. Wer möchte, kann natürlich auch zum nächsten Buggy-Treffen kommen und mal Probefahren. phf

Auch ein Hund durfte mal Buggy-Luft schnuppern.
Auch ein Hund durfte mal Buggy-Luft schnuppern. © Privat

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